Kristine Alex aus Gstadt findet Lösungen in jeder Krise /OVB online

20.04.2020


20.04.20

Kristine Alex aus Gstadt findet Lösungen in jeder Krise

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Einsatz im Katastrophenmanagement: Kristine Alex in den 1980ern in Ruanda, wo sie für das Internationale Rote Kreuz unter anderem Getreideeinkäufe überwachte.


Elisabeth Sennhenn

Gstadt - Krisensituationen sind nichts Neues für Kristine Alex. Zehn Jahre hat die Gstadterin im internationalen Projekt- und Krisenmanagement in Europa und Afrika, gearbeitet. Jetzt ist sie aktiv als Expertin für systemische Aufstellungen – ihr zweiter Berufsweg und eine Berufung für sie.Gstadt – Zehn Jahre hat die Gstadterin Kristine Alex. im internationalen Projekt- und Krisenmanagement in Europa und Afrika, gearbeitet. Spezialisiert auf Welternährungswirtschaft, überwachte sie als Krisenmanagerin für das Internationale Rote Kreuz zum Beispiel Getreideeinkäufe vor Ort in Ruanda, war für das Management von Flüchtlingslagern verantwortlich und ließ sich von der Weltgesundheitsorganisation WHO in Krisenintervention ausbilden. Jetzt, inmitten der Corona-Pandemie, kommen ihr die Fähigkeit, sich im Chaos zurechtzufinden, die Nerven und den Überblick zu bewahren, wieder zugute. Allerdings tut Alex das nicht mehr als Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin, sondern als Expertin für systemische Aufstellungen – ihr zweiter Berufsweg und eine Berufung für sie.

In Krisen mehr über sich selbst lernen


Krisensituationen sind eine Chance, mehr über sich und seine Mitmenschen zu lernen“, hat Alex schon früh festgestellt. Aber auch, dass nicht jeder Mensch es aus eigener Kraft schafft, gestärkt aus einer solchen Krise hervorzugehen: „Manche macht eine schwierige Lage handlungsunfähig, oder bedeutet zu großen Stress, sodass sie durchdrehen, aggressiv werden.“ Erkenntnisse, die ihr bei ihrer Arbeit mit Privatpersonen, Firmen und Selbstständigen gerade jetzt, wo das Corona-Virus wütet und Menschen verunsichert, helfen.

Vereinfacht dargestellt, erarbeitet der Klient bei einer systemischen Aufstellung eine ganzheitliche Lösung für seinen persönlichen Konflikt – ein reales oder psychisches Problem oder auch eine Krankheit. Etwa, indem eine Gruppe Freiwilliger Persönlichkeitsanteile, Kollegen aus der Firma oder Familienmitglieder repräsentieren. Diese Gruppe stellt sich intuitiv in einem Raum so auf, dass sie die Beziehungsstrukturen des Klienten nachempfinden. So, oder auch in Einzelarbeit, kann der Klient wie von einem Berggipfel herabblickend, Klarheit über seinen Konflikt erlangen.

Im Moment kann Alex nicht mit Gruppen arbeiten. Sie hat daher eine Methode gefunden, Klienten auch übers Telefon selbst eine Aufstellung machen zu lassen – statt menschlichen Repräsentanten tun es auch beschriftete Papierblätter, Figuren oder Steinchen.

„Schon ganz zu Beginn der Corona-Krise, als die ersten einschränkenden Maßnahmen umgesetzt werden mussten, hatte ich viele besorgte Anrufe“, erzählt Alex. Menschen sorgten sich um das Wohlergehen psychisch erkrankter Familienmitglieder, Eltern um den familiären Frieden zuhause angesichts angespannter Beziehungen. Klienten, die in der Pflege arbeiten, fühlen sich belastet durch den eingeschränkten Nahverkehr, der ihren Arbeitsweg verlängert und durch neu aufgeteilte Schichtarbeit. Manche äußerten direkte Angst vor einer Infektion, andere wiederum sorgten sich um ihre Firma oder ihre Zukunft als Selbstständige.

Corona wirft Mensch auf sich selbst zurück

„Auch in solchen Fragen kann die systemische Aufstellung sehr hilfreich sein“, sagt Alex, die als eine der Pionierinnen in Deutschland Mitte der 1990er Jahre die zunächst für den familiären Kontext entwickelte Aufstellungsarbeit in Unternehmen anwandte. Ihr erstes Buch zum Thema, „Die Ordnungen des Erfolgs“ gehörte damals zu den ersten ihrer Art auf dem Markt.

„Es ist verständlich, dass Menschen mit existenziellen Gedanken konfrontiert werden, weil eine Krise wie Corona mit Ausgangsbeschränkungen, Schulschließungen und Arbeit aus dem Homeoffice viele auf sich selbst zurückwirft“, beschreibt Alex. „Dabei erlebt jeder die Situation für sich individuell, mit ganz persönlichen Ängsten und Themen.“ Systemische Aufstellungsarbeit könne als kraftvolle, effektive, lösungsorientierte und vor allem zeitsparende Methode – oft genüge sogar schon eine Sitzung von einer oder mehreren Stunden – an dieser Stelle ansetzen: „Die Methode hilft in allen Lebensbereichen, besonders in der Krise, stabil zu sein, in der eigenen Macht und Kraft zu bleiben“, so Alex.

Viele Menschen hätten gerade jetzt, und da gibt es Parallelen zum Klimaschutz, das Gefühl, als Einzelner nicht genug ausrichten zu können. Was nützt schon der Mundschutz, was bringt es, wenn ich als Ottonormalverbraucher auf Plastik verzichte? „Ganz viel“,bekräftigt Alex, „denn jeder ist Teil des Ganzen. Nur kommt uns dieses Gefühl in Zeiten der Krise, der allgemeinen Beschleunigung auf der Welt, oft abhanden.“ In der systemischen Aufstellung kann beim Betreffenden der Schalter umgelegt werden: „Es eröffnet sich das persönliche Handlungsfeld und man weiß am Ende des Wandlungsprozesses, was man der Welt zu geben hat.“

OVB